Seit September bietet eine Reihe von Krankenkassen, darunter auch drei private Versicherer, ihren Versicherten die digitale Gesundheitsakte „Vivy“ in Form einer App an. Da der Anbieter von „Vivy“ (Vivy GmbH, Berlin) angekündigt hat, auch alle niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte anzuschreiben, möchten wir Ihnen hierzu einige Informationen zukommen lassen.
Die App „Vivy“ bietet nach Darstellung des Anbieters dem Anwender neben der Funktion einer elektronischen Gesundheitsakte weitere Serviceleistungen wie eine Kalenderfunktion, einen Gesundheitscheck und einen Versichertenbereich an. Gesetzliche Grundlage ist § 68 SGB V, wonach Krankenkassen ihren Versicherten für von Dritten angebotene Dienstleistungen der elektronischen Speicherung und Übermittlung patientenbezogener Gesundheitsdaten finanzielle Unterstützung gewähren können. Davon abzugrenzen ist die elektronische Patientenakte (gemäß § 291a Abs. 3 Nr. 4 SGB V), die voraussichtlich erst ab dem 01.01.2021 im Rahmen der Telematikinfrastruktur auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) eingerichtet werden soll und in der wichtige medizinische Daten (Arztbriefe, Medikationspläne, Notfalldaten etc.) abgelegt sein werden.
Gemäß § 630g BGB (Patientenrechtegesetz) sowie § 12 Abs. 4 Berufsordnung der Zahnärztekammer S-H haben Versicherte jederzeit das Recht der Einsichtnahme in ihre vollständige Patientenakte (im Original). Alternativ kann der Patient auch Abschriften der Patientenakte verlangen, oder Ausdrucke, sofern die Patientenakte in EDV-Form geführt wird. Der Versicherte hat der Praxis angefallene Kopier- und ggf. Portokosten zu erstatten. Für die Zahnarztpraxis besteht jedoch keine Verpflichtung, die elektronische Gesundheitsakte „Vivy“ zur Bereitstellung oder zum Abruf medizinischer Daten zu nutzen. Es liegt im Ermessen des Praxisinhabers, in welcher Form (Kopien, elektronische Abschriften, Datensticks, CD-ROM o. a.) er seinen Patienten das Einsichtsrecht in die Patientenakte gewährt.
Sollten Sie dem Patientenwunsch nach einem Einpflegen seiner medizinischen Daten in die elektronische Gesundheitsakte der „Vivy-App“ nachkommen wollen, stellt dies keine nach dem BEMA berechenbare Leistung dar. Auch die Finanzierung des zahnärztlichen Aufwandes bei einer technischen Integration der Gesundheitsakte in das Praxisverwaltungssystem ist derzeit noch nicht geklärt. Nach unserem Dafürhalten kann aber ein Aufwendungsersatz für die durch den Versicherten veranlasste Dienstleistung (Auftrag) gemäß §§ 612, 670 BGB gefordert werden. Die Kostenhöhe bemisst sich nach dem tatsächlichen Zeitaufwand für die Übertragung der Dokumente und ist nach dem individuellen Stundensatz desjenigen, der die Leistung erbringt, berechenbar. Die Dienstleistung des Web-Uploads von Daten in die App kann von einer Kostenübernahme des Versicherten abhängig gemacht werden. Zur Sicherung der Forderung empfiehlt es sich, vorab mit dem Versicherten die Kostenübernahme schriftlich zu vereinbaren.
Bitte beachten Sie, dass es vor einem Web-Upload von Dokumenten in „Vivy“ der Abgabe einer Schweigepflichtsentbindungs- sowie einer Einwilligungserklärung des Versicherten in die Verarbeitung seiner Gesundheitsdaten bedarf.
Die Vivy GmbH versichert nach eigener Darstellung, dass die „Vivy-App“ „höchste Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit“ erfüllt. Inwieweit das erforderliche hohe Schutzniveau bei der Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten in der Umgebung eines Smartphones tatsächlich gewährleistet ist, vermögen wir nicht zu beurteilen oder zu überprüfen.
Weitere wichtige Hinweise zur Nutzung der elektronischen Gesundheitsakte „Vivy“ können Sie der von der KZBV erstellten Praxisinformation (im Bereich DOWNLOAD unterhalb dieses Textes) entnehmen.
Bei Fragen zur Funktion der „Vivy-App“ wenden Sie sich bitte direkt an die jeweilige Krankenkasse des Versicherten.